Ein bittersüßes Drama

Veröffentlicht: Montag, 16. April 2012 Geschrieben von Detlef Lang

Deutsches Theater Göttingen zeigt in Eschershausen das Stück "Der Theatermacher"

Ein bittersüßes Drama
Deutsches Theater und Feuerwehr Eschershausen zusammen auf der Bühne: Jens Wasmund, André Olschewski und Uwe Schormann von der Feuerwehr überraschten die Zuschauer mit ihrem Auftritt. Das Gastspiel "Der Theatermacher" des Deutschen Theaters Göttingen veranstaltete der Literatur- und Kunstkreis Uslar. Foto: Porath

ESCHERSHAUSEN. Schweinegrunzen aus dem Lautsprecher als Hintergrundgeräusch, Geweihe an den Wänden. Gähnende Leere auf der Bühne und 50 erwartungsvolle Gesichter im Saal des Gasthaus Johanning in Eschershausen.

Die Kulisse für das Stück "Der Theatermacher" von Thomas Bernhard, gegeben vom Deutschen Theater in Göttingen, ist bereit.

"Was, hier, in dieser muffigen Atmosphäre sollen wir auftreten?", beschwert sich Staatsschauspieler Bruscon (Paul Wenning) mit lauter Stimme beim Wirt (Gerd Zinck), als er den Saal betritt. Aufgeführt werden soll eine von ihm selbst verfasste Komödie, "in der alle Komödien enthalten sind". Und das ausgerechnet hier, mokiert er sich, an diesem "unwürdigen" Ort Utzbach, 280 Einwohner klein, wo es "nur alte Leute gibt, die weder hören noch sehen", auf dem Land, wo jede geistige Beschäftigung bedeutungslos sei, alles verrotte und: "Wenn wir ehrlich sind, können wir überhaupt nichts mehr tun, außer uns umbringen."

Stille und Stellen zum Lachen

Bruscons Beschreibungen wirken wie eine Momentaufnahme, manchmal unangenehm aktuell und dann wieder komisch. Das Publikum hört still zu und findet immer wieder die richtigen Stellen, an denen sich auch lachen lässt. Denn Bruscon macht es sich wahrlich schwer. Frau, Tochter und Sohn, die seine Schauspieltruppe geben, sind krank, tragen einen Gipsarm und genügen seinen Ansprüchen ebensowenig wie der Spielort.

Draußen stinkt es

Der Saal kann nicht gelüftet werden, weil es draußen nach Schwein stinkt, und die Einwohner des Ortes sind mit Blutwurstmachen beschäftigt, statt ins Theater zu kommen. Überhaupt sei erst geklärt, ob es zur Aufführung kommt, wenn der Feuerwehrhauptmann erlaube, das Notlicht auszuschalten. Eine Stunde wandert Bruscon vom Saal auf die Bühne und zurück, setzt sich unter das Publikum und drangsaliert seine Mitspieler. Fast scheint alles gut auszugehen, seine Komödie könnte starten, da stürmen drei Eschershäuser Feuerwehrleute in voller Montur den Saal. "Es brennt, es brennt", lautet ihr Alarm, der das Publikum nur kurz erschreckt, denn der Auftritt gehört zur Inszenierung.

"Der Saal ist leer", stellt Bruscon fest. Das Stück ist aus und die Gäste applaudieren. Wohl auch erleichtert, dass die Realität in diesem Fall immer noch besser ist als die Fiktion. (yp)

Quelle: HNA - Sollinger Allgemeine vom 16. April 2012

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