Mondscheintarif begeistert das Publikum
Ein-Personen-Stück sorgt beim Literatur- und Kunstkreis für volles Haus
VON GUDRUN PORATH
Uslar – In den 1990er-Jahren gab es ihn noch, den Mondscheintarif, zu dem man besonders günstig telefonieren konnte. Im evangelischen Gemeindehaus in Uslar erlebte der „Mondscheintarif“ als Ein-Personen-Bühnenstück nach dem gleichnamigen Bestseller von Ildiko von Kürthy ein begeisterndes Comeback vor nahezu ausverkauftem Haus.
Ralf Jasper vom Literatur- und Kunstkreis Uslar als Veranstalter freute sich gleich zu Beginn über den vollen Saal im Gemeindehaus und lud alle Noch-nicht-Mitglieder dazu ein, diesen Status sogleich zu ändern. Ausreichend Mitgliedsanträge habe man dabei.
Für Mitglieder gibt es nicht nur vergünstigten Eintritt in die Veranstaltungen des Vereins, sie können auch das Programm mit gestalten. Denn tatsächlich war es Mitglied Sandra Liedtke, die den Tipp gegeben hatte. Sie hatte das Ein-Personen-Stück mit Schauspielerin Susanne Rösch unter der Regie von Stefan Haufe im Jungen Theater in Göttingen gesehen.
Im „Mondscheintarif“ wird Susanne Rösch zur Romanfigur Cora Hübsch.
Die fiktive Mittdreißigerin hat, was jede reale Frau in ihrem Alter kennt: Liebeskummer verbunden mit (eingebildeten) körperlichen Problemzonen und eine beste Freundin, bei der alles besser läuft. Ruft er an? Soll ich anrufen? Warum habe ich nicht den tollen Busen meiner Freundin?, fragt sich Cora nach der schicksalhaften Begegnung mit Dr. Daniel Hoffmann und umkreist das rote Bühnensofa samt Telefon. Ihr Monolog, der sich meist ganz an die Buchvorlage hält, und die sich anbahnende Beziehung samt des damit verbundenen Gefühlschaos, ist witzig und pointiert, die Grimassen so schön aussagekräftig und die Schauspielerin in ihrem Element.
Das allein sorgt schon für viele Lacher beim weiblichen wie beim männlichen Publikum.
Viele Zuschauer dürften sich zudem amüsiert an ihre eigene Vergangenheit erinnert gefühlt haben. Denn 1999, als das Buch erschien und Mobiltelefone noch nicht sehr verbreitet waren, wartete man wie Cora Hübsch alias Susanne Rösch Zuhause auf den Anruf der oder des Liebsten und nutzte gerne den Billigtarif am Abend, um ausführlich zu telefonieren. Ganz zu schweigen vom sehnsüchtigen Blick auf das rote Licht des Anrufbeantworters.
Den Mondscheintarif gibt es heute nicht mehr, das Gefühlschaos der Liebe zum Glück immer noch. In der Kombination von beidem, die Susanne Rösch als Cora Hübsch mit den Worten von Ildiko von Kürthy auf der Bühne zum Leben erweckt, eine gelungene Erinnerung, die vom Publikum begeistert gefeiert wurde. zyp
Quelle: HNA - Sollinger Allgemeine vom 16. Februar 2023
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