Lachmöwen auf Heulbojen

Veröffentlicht: Dienstag, 23. März 2010 Geschrieben von Detlef Lang

Ausverkaufter Auftritt der Leipziger Pfeffermühle beim Literatur- und Kunstkreis

Lachmöwen auf Heulbojen
Grandios: Das Ensemble "Krötenwanderung" des Leipziger Kabaretts Pfeffermühle mit (von links) Burghard Damrau, Franziska Schneider und Dieter Richter. Foto: Schneider

ESCHERSHAUSEN. Es ging nicht um die Krötenwanderung, die im Uslarer Land mit dem Frühling zurzeit an ganz bestimmten Stellen einsetzt. Es ging auch nicht um Umweltpolitik und "um die grüne fleischgewordene Biotonne Claudia Roth".

Es ging um die Wanderung der Kröten, also des Geldes, durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, auf die sich das Leipziger Kabarett Pfeffermühle in seinem aktuellen Programm eingeschossen hat und beim Gastspiel auf Einladung des Literatur- und Kunstkreises Uslar im Gasthaus Johanning in Eschershausen 250 Zuhörer mit einem kabarettistischen Dauerbeschuss begeisterte. Beinahe jeder Satz des Trios mit Franziska Schneider, Burkhard Damrau und Dieter Richter war Witz, Satire, Parodie, Anspielung, Wortspiel oder Komik.

Dabei ließ das Ensemble im Zusammenhang mit den Folgen der Finanzkrise kein Thema aus: Kirchen, Krankenversicherungen und Hartz IV-Problematik oder Manager, die sich nach der Pleite mit 50 Millionen Euro abfinden müssen. Herrlich war die Geschichte mit den Managern im Flüchtlingsstrom nach Liechtenstein, wo in Erinnerung an sie ein Denkmal errichtet wird mit der Inschrift "Wir bekamen nie, was wir verdienten!".

Bitterböse war die Satire mit der Kampagne "Deutschland stirbt aus! Du wirst Deutschland: Ein Baby für Merkel", mit der verhindert werden soll, dass sich in überfüllten Altenheimen mohammedanische Pflegerinnen für den Krieg in Afghanistan rächen.

Immer wieder kehrte das Ensemble zur Krötenwanderung zurück: "Sie wandern, wie man sieht, wie Lemminge auf Speed," hieß ein Refrain über die Auswirkungen der Krise und den Geldfluss in falsche Kanäle. Die Pfeffermühle beschrieb das so: "An der Ostsee verziehen sich die Lachmöwen auf Heulbojen."

Liebe deinen Nächsten

Das Trio inszenierte zudem den ersten Versuche einer Homosexuellen-Scheidung. "Liebe deinen Nächsten", will die Pfarrerin noch die Ehe retten. "Ich habe schon den Nächsten", antwortet einer der beiden trennungswilligen Homosexuellen vor dem Scheidungsaltar. Der Arztbesuch entwickelte sich bei dem Kabarett-Ensemble zu einer für den Mediziner profitablen Krankheitssuche, bei der ihm eine Buchhalterin und keine Arzthelferin zur Seite steht und die Gesundheit keine Rolle mehr spielt. Für den Höhepunkt der solistischen Einlagen sorgte Dieter Richter als Sprachakrobat, der in seiner Bundestagsrede ständig mehr Buchstaben ausließ. Köstliches Kabarett.

Dafür gab es nicht nur kräftigen Applaus, sondern zum Abschluss von Justus Pahlow, dem Vorsitzenden des Literatur- und Kunstkreises, augenzwinkernd eine "Krötenwurst" aus dem Uslarer Land: Es waren verdientermaßen gute Stracke aus Uslar, die an Flaschen mit Uslarer Bier hingen. (fsd)

Mehr Bilder vom Kabarettabend im Internet unter: www.hna.de/foto

Von Frank Schneider

Quelle: HNA - Sollinger Allgemeine vom 23. März 2010

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